Der sexuelle Aspekt der Liebe
Autor Dr.Wladimir Antonow
Übersetzt ins Deutsch von Andrzej Szypulski und Galina Nikolenko
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Jeder von uns und alle verkörperten Menschen sind hier, in der
Welt der Materie, durch Sex aufgetaucht. Ist es also nicht absurd, ihn
abzulehnen? Doch der Sex ist nicht nur ein Mittel der Fortpflanzung, sondern —
beim richtigen Verhältnis zu ihm — auch ein Weg, die eigene Gefühlssphäre in die
nötige Richtung zu entwickeln. Es ist eine Methode, um Feinheit, Zärtlichkeit
und Fürsorglichkeit zu erlangen — wichtigste Eigenschaften auf dem Weg zu
Schöpfer.
Sexverbote und Profanierung des Sexes durch manche
Religionssekten sind ein Charakteristikum für die Widernatürlichkeit dieser
Sekten, für ihre Versunkenheit im Tamas-Guna.
Auf der anderen Seite wird aber auch übermäßige Sexbegeisterung,
bei der die Suche nach neuen Sexabenteuern zum Hauptsinn des Lebens wird, nicht
von Gott befürwortet. Gott verweist solche Menschen auf ihren Irrtum etwa durch
entsprechende Krankheiten.
Bei der Ontogenese (Entwicklung in einer Inkarnation) eines
beliebigen gesunden Menschen spielt der Sex ab der Pubertät eine sozialisierende
Rolle (dies wurde auch bei Tierversuchen demonstriert; s. [11]).
Die Sexualhormone ziehen Menschen zueinander und bringen sie dazu, die
Besonderheiten anderer Menschen und Methoden des Umgangs mit ihnen zu lernen.
Am sexgebundenen Verhalten sind auch mitunter konträre
menschliche Eigenschaften klar erkennbar. So schenken die einen sich selbst und
ihre Liebe dem anderen und sorgen für den anderen. Dagegen verlangen Menschen
vom entgegengesetzten Pol ihre eigene Befriedigung, sie zeigen Egoismus in
Verbindung mit Gewaltsamkeit, mit Geringschätzung, ja sogar mit Hass gegen ihren
Sexualpartner.
So offenbaren und entwickeln sich Menschen als das eine oder
andere Guna und streben entweder zu Gott oder aber in die Hölle.
Wir alle werden in wesentlichem Maße durch Gott gelenkt. So
bringt Er uns im Bereich sexueller Beziehungen mit anderen Menschen zusammen.
Dadurch schafft er lehrreiche Umstände, unter denen man jeweils selbst eine
richtige oder unrichtige Entscheidung trifft. So kann ein Mensch sein Schicksal
verbessern oder verderben.
Und wenn jemand im sexuellen Bereich zu Schaden kommt, dann soll
er hier seine Fehler unter Berücksichtigung der lenkenden Rolle Gottes suchen.
Es gilt, diese Fehler zu finden und Schlussfolgerungen für die Zukunft zu
ziehen.
Oder wir geraten manchmal in eine schwierige Lage wegen unserer
Fehler in früheren Inkarnationen. Das heißt, ich habe irgendwann einmal jemandem
das angetan, was ich jetzt am eigenen Leibe spüren muss. Es hat sich schlicht
das “Karma-Gesetz” manifestiert: Gott hat mir gezeigt, wie es den Opfern meiner
früheren Übertretungen erging. Ziehen wir die richtigen Schlussfolgerungen!
Wie hat man sich also bei sexuellen Beziehungen zu verhalten, um
sich durch sie auf Gott hinzubewegen, nicht in die entgegengesetzte Richtung?
Die Hauptregel hier ist: Es darf keinerlei Zwang geben, weder
groß noch klein, nicht einmal in Gedanken. Jeder sollte absolut frei dem anderen
die eigene Liebe entgegenbringen und den Wunsch, den Partner mit Liebe zu füllen
und zu sättigen.
Dabei darf man nicht über die psychologischen Unterschiede
zwischen den Geschlechtern hinwegsehen. Und die sind groß. So verspürt der Mann
beispielsweise den Wunsch nach sexuellem Kontakt mit einer Frau als Reaktion auf
vorwiegend visuelle Wahrnehmungen, während bei der Frau taktile Reize —
zärtliche Berührungen, Liebkosungen — im Vordergrund stehen.
Wir alle sollten uns immer bemühen, zärtlich und liebevoll
zueinander zu sein! Zärtliche Worte, aufrichtiges Lächeln der Liebe, Berührungen
mit Händen und Lippen sind Ausdrucksformen der Liebkosung. (Küssen sollte man
übrigens mit gelöstem und nicht nassem Mund, ohne diesen zu öffnen.
“Sabberküsse” lösen nur Abneigung gegen den Küssenden aus.)
Der Geschlechtsakt ist nicht zuletzt ein intensiver
Energieaustausch zwischen den Partnern. Ein besonders starker Energieausstoß
findet beim Orgasmus statt; der Orgasmus ist denn auch die Glückseligkeit, die
diesen Energieausstoß begleitet.
Die betreffenden Energien sind essenziell für die richtige
Funktion des Organismus, darunter auch für spirituelle Arbeit. Deshalb sollte
jeder bestrebt sein, die eigene Energie der oder dem Geliebten zu schenken; dies
ist ein sehr wertvolles Geschenk, allerdings wenn die Energie rein und
verfeinert ist.
… Die Frage des sparsamen Umgangs mit Energien des Organismus
mit Blick auf meditative Arbeit ist in der Tat essenziell. Ja, wir sollten
versuchen, alles, was nicht notwendig ist, aus unserem Leben auszuschließen,
alles, was das spirituelle Wachstum behindert. (Werke des spirituellen Dienens
nach Prinzipien des Karma-Yoga sind notwendig.) Eine typische Variante unnötiger
Energievergeudung ist der Sex mit einem ungeeigneten Partner. Ja, für solche
Sexspiele wird Energie in der Tat unnötig verschwendet.
Wer ist aber ein ungeeigneter Partner? Und wer ist geeignet?
Geeignete Liebespartner sind vor allem solche, die ihrer energetischen Reinheit
und spiritueller Fortgeschrittenheit nach ungefähr gleich sind, unter anderem
nach der Verfeinerung ihres Bewusstseins. Wer dagegen vorerst auf einem
grundsätzlich niedrigeren Niveau seines evolutionären Werdegangs steht, wer
energetisch noch verunreinigt ist, ein unspirituelles Leben führt und grobe
ethische Unzulänglichkeiten aufweist, der ist nicht geeignet.
Sexuelle Beziehungen mit geeigneten Partnern führen nicht zur
Verschwendung, sondern zum Austausch energetischer Reinheit, zur Aktivierung
psychischer Energie bei beiden Partnern und zu deren gemeinsamem Wachstum. Sie
tragen auch zur größeren energetischen Stabilität der Gatten bei.
Der Sex ist uns Menschen nicht nur zum Kinderzeugen gegeben
worden. Er ist auch dazu berufen, das spirituelle Wachstum aller, die zu diesem
Wachstum fähig sind, zu fördern. Durch Sex lernen wir, einen anderen Menschen
emotional zu lieben, und entwickeln Strukturen der Gefühlssphäre, lernen für den
anderen zu sorgen, erfahren schließlich Zustände wie Frieden und Glückseligkeit,
entwickeln diese Zustände in uns und machen uns auf diese Weise bereit für den
Großen Frieden und die Große Glückseligkeit in der Wohnstätte des Schöpfers.
Der Sex zwischen Ehepartnern kann zu einer Methode für
gemeinsames spirituelles Training werden. Zum Beispiel: Beide Partner schauen
beim sexuellen Kontakt einander von ihrem Anahata-Chakra
aus an, und verschmelzen sie mit ihren spirituellen Herzen miteinander — und mit
Gott.
Vermerkt sei noch, dass in geringwertiger Literatur zum
angeblich “spirituellen Sex” die Empfehlung anzutreffen ist, eigene Orgasmen
überhaupt zu meiden. Dies ermögliche die Anhäufung von Energie im eigenen Körper
und führe zu einem gigantischen spirituellen Wachstum… In Wirklichkeit aber
haben abwegige Versuche, das eigene Wohlergehen auf Kosten und zum Schaden
anderer zu erhöhen, mit der Spiritualität nichts gemein. Es ist Propaganda für
eine Form von Energievampirismus, eine widerwärtige Form von Egoismus. Es kann
keinesfalls durch Gott als Liebe anerkannt werden und hat nichts zu tun mit dem
Weg zu Gott.
Und letztlich: Wer kann Ehepartner eines spirituellen
Gotteskämpfers werden? Was überhaupt heißt Ehe für solche Menschen? Und was ist
für sie Ehebruch?
Im Allgemeinen gilt hier Folgendes:
Die Ehe ist ein genügend stabiler Bund zweier Menschen, die
zusammen den spirituellen Weg gehen, wobei sexuelle Beziehungen eine der
Komponenten ihres Umgangs miteinander sind.
Und umgekehrt: “Jede (sexuelle) Vereinigung einander unähnlicher
Menschen ist Ehebruch” [8,18].
Das lehrte Jesus
Christus seinen engsten Schülern, und das schrieb in seinem Evangelium der
Apostel Philipp nieder.
“Einander unähnliche” Menschen sind solche, die sich ihrem
spirituellen Entwicklungsgrad nach wesentlich voneinander unterscheiden. Sie
unterscheiden sich voneinander unter anderem nach psychoenergetischen Merkmalen:
Je gereinigter und verfeinerter die Energien, umso näher ist der Mensch seinem
Ziel — Schöpfer.
Und beim sexuellen Umgang findet ein intensiver Energieaustausch
zwischen den Partnern statt. Folglich ist der sexuelle Verkehr mit einem in
spiritueller Hinsicht ungeeigneten Partner ein Hemmnis für den Fortschritt des
Vorwärtsgehenden. Eine solche Ehe ist aus der Sicht Gottes nicht wünschenswert.
Als Ehebruch sieht Gott auch übermäßige Sexbegeisterung, die
sich in dem Bestreben äußert, immer neue sexuelle Vergnügungen zu suchen. Solche
Tendenzen bringen weg von Gott und vom Weg zu Ihm.
Wir sehen, dass beide dieser Varianten von Ehebruch nur bei
religiösen Menschen möglich sind. Mit weltlichen Menschen, die nur von Sorgen
des Fleisches leben, hat das nichts zu tun. Für sie sind auch die Regeln anders.
Gott selbst bringt zu Ihm gehende Menschen zu ehelichen
Beziehungen zusammen und wieder auseinander; keinem irdischen “Hirten” hat Er
diese Seine Funktion überantwortet. Eine Ehe staatlich registrieren zu lassen
ist nur dahingehend von Bedeutung, um vermögensrechtliche Fragen und Probleme im
Zusammenhang mit der Kindererziehung klären zu können.
Zu unterstreichen ist auch die Irrelevanz der Forderung
verschiedener religiöser Sekten (mitunter gestützt durch weltliche Moral), man
solle ein Eheverhältnis “aufs Geratewohl” eingehen, ohne sich vorher gegenseitig
von der sexuellen Seite her kennen zu lernen.
Wenn von Sexualstörungen, Unzulänglichkeit und Schwäche die Rede
ist, kommen meist sofort eben männliche Probleme in den Sinn: Impotenz, schnelle
Ejakulation usw. Weibliche Schwäche hingegen ist weniger offenkundig. Es wird
weniger davon gesprochen; Frauen suchen seltener fachärztliche Hilfe.
Es gibt jedoch Frauen, die unter keinen Umständen zu einem
Orgasmus kommen und nach jedem Geschlechtsakt mit Kreuzschmerzen, Kopfweh und
allgemeiner “Abgeschlagenheit” schwer darunter leiden; für sie wird der Sex zum
Albtraum.
Es gibt Frauen, deren Geschlechtsorgane statt Erogenität
lediglich eine intensive Schmerzempfindlichkeit, sogar ohne jegliche
Entzündungsvorgänge.
Bei anderen wiederum löst sexuelle Vereinigung nur ein für sie
unerträgliches Kitzelgefühl aus…
Bei manchen Frauen ist die sexuelle Bioenergie (Udana) derart
grob, dass kein Partner imstande ist, den Geschlechtsakt mit ihnen länger als
wenige Sekunden fortzusetzen.
Oder es gibt Frauen, bei denen nicht die Klitoris über
Erogenität verfügt, nicht der Eingangsbereich der Vagina, nicht deren
Vorderseite, sondern der tiefstliegende Teil, den nicht jeder Mann erreichen
kann.
In allen solchen Fällen können die Beziehungen zwischen Partnern
nicht durch tiefe Harmonie erfüllt sein, und solche Ehen sind nicht stabil,
mögen sie durch noch so pompöse Zeremonien “geheiligt” worden sein.
Vollwertig und fruchtbar in spiritueller Hinsicht kann nur eine
Ehe werden, die sich sowohl aus sexueller wie spiritueller Harmonie nährt.
Eheliche Beziehungen sind somit wichtige Lektionen in der Schule
Gottes. Wir sollten Seinem Willen gegenüber feinhörig und gefügig sein!
* * *
Er sei gemerkt, dass Krishna nicht nur Frauen und Kinder hatte,
sondern auch das Göttliche Wesen “der sexuellen Kraft” in allen Lebewesen
betonte [8,18].
Sathya Sai segnet die Ehebeziehungen.
Das gleiche lehrte und lehrt Babadschi.
Die Zärtlichkeitsschönheit präsentiert uns David Copperfield in
der Erotik Seines magischen Tanzes.
Während Seines letzen Lebens auf der Erde betonte Jesus Christus
die Wichtigkeit der sexuell gefärbten Zärtlichkeit bei der richtigen
Bewusstseinsentwicklung [8,18].
Auch jetzt schlägt Er vor, den sexuellen Energieaustausch zwischen geistig
gerichteten Menschen als echte heilige Kommunion zu betrachten [42].
Ich will speziell betonen, dass man diese Worte keinesfalls als
Aufruf zu ungeordneten sexuellen Beziehungen und „totaler Sexualisierung”
verstehen darf. Es wäre auch falsch zum Schluss zu kommen, dass selbst Sex
allein uns die spirituelle Entwicklung gewährleisten kann. Nein. Nur ethisch
tadellose sexuelle Beziehungen zwischen spirituell gerichteten Menschen können
ihnen unschätzbare Hilfe leisten.
Nur solche sexuelle Beziehungen, die mit der emotionellen
Feinheit, mit Zärtlichkeit und Dankbarkeit zum Partner gesättigt sind — nur sie
können uns zu Gott führen. Sie unterscheiden sich völlig von der egoistischen
Befriedigung der Wolllust, die von Gott missbilligt wird.
Ich will noch ein Merkmal der Spiritualität in den sexuellen
Beziehungen hinzufügen: jeder Partner handelt, von den Interessen des Anderen
ausgehend, stellt sich mit ihm ein, er lebt mit den Empfindungen seines Partners
und bemüht sich, das Vergnügen des Anderen zu verstärken. Dadurch wird nämlich
die volle Harmonie erreicht. Jeder lernt dabei das Durchdringen sich selbst (als
Bewusstsein) in den Körper des Geliebten; die Körper werden dadurch reiner und
Bewusstseine fließen in eins zusammen.
Auf solche Weise lernen wir die Vereinigung der Bewusstseine in
den Armen der feinsten Liebe. Das bereitet uns dazu vor, uns später auch so mit
dem Höchsten Geleibten — mit Gott zu verschmelzen.
Zum Abschluss des Kapitels noch ein Zitat aus dem Evangelium
nach Philipp: “Lernt doch den reinen Ehestand kennen — denn er hat große Kraft!”
[8,18].
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